Weil jemand, den wir lieben, im Himmel ist

Seelenbretter sind eine ganz besondere Form der Trauerbewältigung.

Gedanken zu Seelenbrettern von unserer Ehrenamtlichen Ursula Gluch

Because someone we love is in heaven,
there is a little bit of heaven in our home                                                                              

Weil jemand, den wir lieben, im Himmel ist,
gibt es immer auch ein kleines Stück Himmel bei uns

Dieser Satz ist mir in England, dem Mutterland der Hospizbewegung, begegnet, auf einem Holzbrett geschrieben und gerahmt - darunter ein kleiner Stern und ein Engel.

Er hat mich berührt, weil gerade zu dieser Zeit in England der Grandpa meiner damals fünfjährigen Enkeltochter Eilidh lebensbedrohlich erkrankt war und wir mit seinem baldigen Tod rechnen mussten. Unsere Tochter hatte mit ihren Kindern (zu dieser Zeit knapp drei und fünf Jahre alt) über die schwere Erkrankung des geliebten Grandpa gesprochen. In Anbetracht des nahenden Todes hatte man so viel Zeit wie möglich mit ihm verbracht, denn den kleinen Enkeln sollten möglichst viele gute Erinnerungen bleiben. Ich habe das kleine Brett mit dem Satz gekauft, um ihn meiner Enkeltochter nach dem Tod von Grandpa David zu schenken. Es sollte ihr Trostbild werden, fand aber zunächst noch seinen Platz in einer meiner Schubladen.

Gespräche über den Himmel hatten sich mit meinen Enkelkindern hin und wieder ergeben. Ihre Gedanken zu diesem Thema finde ich persönlich faszinierend und bereichernd, auch wenn ich auf ihre Fragen oft mit: „Ich weiß es nicht, aber ich glaube…“ antworten muss.

Im Frühjahr 2020 fand im geistlichen Zentrum in Püttlingen eine Ausstellung zum Thema Seelenbretter statt, die das Ambulante Hospiz St. Michael VK als Kooperationspartner bei der Vernissage und Finissage mitgestaltet hat. Als ehrenamtliche Mitarbeiterin des Ambulanten Hospizes St Michael in Völklingen wurde mir die Teilnahme an einem Workshop zur Gestaltung eines eigenen Seelenbrettes ermöglicht.

Der Begriff Seelenbretter geht auf die Künstlerin Bali Tolak zurück, die, inspiriert durch Totenbretter im Bayrischen Wald, Sprüche etc. auf Holzbretter schreibt. Sie sollen an unsere Sterblichkeit erinnern, aber in Anbetracht dieser Tatsache auch Kraft und Wertschätzung für das Leben im Hier und Jetzt vermitteln.

Beim Überlegen, welcher Spruch auf dem von mir zu gestaltenden Seelenbrett stehen sollte, fiel mir mein kleines Holzbrett mit dem Text dazu wieder ein ... und fand seinen Weg auf mein Seelenbrett.

Mein Seelenbrett entstand im September 2020 – Im Oktober 2020 ist Grandpa David verstorben. Weihnachten 2019 hatten wir gemeinsam in England gefeiert und persönlich in Dankbarkeit von David Abschied genommen. Trotz großer räumlicher Entfernung und coronabedingter Schwierigkeiten war es uns vergönnt, unsere Enkel gut zu begleiten und uns gegenseitig Halt und Stütze zu geben.

In einem Telefongespräch erzählte ich meiner Enkeltochter von meinem Seelenbrett und dem Spruch, den ich für sie ausgesucht hatte. Eilidh ist ein sehr kreatives Kind und liebt es, Dinge zu gestalten. Als sie wieder in Deutschland zu Besuch war und das Seelenbrett begutachten konnte, schlug ich ihr vor, sie könne Grandpas Namen auf das Brett schreiben und stellte ihr ein paar Materialien und Buntstifte zur Verfügung. Begeistert ging sie an die Arbeit.  Zunächst entstand ein Herz für den geliebten Grandpa und fand seinen Platz auf unserem Seelenbrett.  Dann erinnerte sie sich an den Tod von Grandpas Bruder Peter und seine verstorbene Frau Kitty und gestaltete ein weiters Herz. Für meine verstorbene Mutter, die Uroma meiner Enkelkinder, wählte sie einen Stern.

Unser Seelenbrett ist seither die Erinnerungstafel für die Mitglieder unserer Familie, die nicht mehr unter uns weilen und die wir vermissen. Für mich ist es schön zu beobachten, wie ungezwungen kleine Kinder mit dem Thema Tod umgehen. Der Tod gehört zum Leben und die Geschichten aus unserem geteilten Leben trösten und helfen uns, wenn wir Schönes gerne auch mit unseren Verstorbenen teilen würden. Wir glauben an deren Weiterleben im Himmel. Über das Aussehen des Himmels wissen wir nichts. Je nach Altersstufe sind die Vorstellungen unterschiedlich. Wir können uns darüber austauschen. Als bekennende Christen glauben wir an ein Weiterleben in und bei Gott.

Den Satz auf meinem Seelenbrett möchte ich durch einen Gedanken ergänzen, der mir beim Schreiben kam: leider ist nicht nur jemand, den ich liebe, im Himmel – es sind mehr Personen als erwartet in kurzer Zeit von uns gegangen, aber durch das Teilen der letzten Wegstrecke und das Leben in Beziehung ist nicht nur ein „kleines Stück“, sondern ganz viel Himmel in mir und bei uns.